Projeto Gomes Leal: Auswahlübertragung
Das lyrische Werk des portugiesischen Dichters António Duarte Gomes Leal (1848–1921) ist bislang im deutschen Sprachraum wenig bekannt – dies obwohl Gomes Leal als einer der bedeutendsten portugiesischen Lyriker gelten darf und keinen Geringeren als Fernando Pessoa beeinflußte. Der Herausgeber der kalmenzone arbeitet daran, eine Auswahl aus dem Werk Gomes Leals ins Deutsche zu übertragen; das Projekt wird voraussichtlich mehrere Jahre beanspruchen. Erste Eindrücke vermitteln die Beiträge in Heft 16 (S. 15), Heft 17 (S. 15) und die Sonettübertragungen auf diesen Internetseiten. In der Anthologie Ohne Filter (Bonn: Edition Freigang in der Sonettenpresse 2021, ISBN 978-3-948569-11-2) sind drei Gedichte von Gomes Leal in deutscher Übertragung erschienen: Aus den Wilden Thesen: Die Kultur ist eine Lüge; An Valentina de Lucena und Phantasien. In Dichtungsring Heft 59 (Sommer 2021), S. 16–19 sind zwei Gedichtübertragungen samt dem portugiesischen Originaltext publiziert worden: Aus den Klarheiten des Südens: Die schöne blaue Blume; Aus den Wilden Thesen: Die Familie gerät in Desorganisation.
Dieser kleine Internetauftritt soll in Zukunft noch ausgebaut werden.
António Duarte Gomes Leal
Autobiographisches Sonett
In früheren Epochen, längst vergangen,
gab’s eine heilige Mutter, manierlich von Ideen,
‘nen rechtschaffenen, silberbärtigen Vater,
gab’s Häuser, Gärten, Brunnen, Rosenbeete.
In den Kollegien, Aulen, Saalgestühlen
zertrümmert’ ich kein Pult, zerbrach ich keine Bänke.
Ich hatte gute Zensuren, führte Bücher.
Später liebte ich Patrizierhexen.
Ich war ein Freund von Eça und Ramalho,
João de Deus, auch vom exzentrischen Fialho,
und bin dann wider Willen ins Ausland ausgewandert.
Ich weinte, seufzte! Wie Dante in der Fremde!
Und als ich wiederkam, aus vorgebrachten Gründen –
bin ich dreimal ins Kittchen eingefahren.
Original erschienen in: ABC – Revista portuguesa, 22. Juli 1920; im Original wird das damalige Zentralgefängnis in Lissabon, der Limoeiro (Cadeia do Limoeiro), genannt.
Fernando Pessoa (1888–1935)
Gomes Leal
Es weiht der Unstern manche, strahlenlos.
Elend, Trauer und Einsamkeit: das sind,
endgültig umschließend, seine drei Ringe.
Im Raume starren acht fatale Monde.
Ihn, Dichter, hat Apoll in seinem Schoß
Saturnus überlassen. Von Blei die Hand
hob ihm das kummervolle Herz empor
und preßte es sodann, blutend und schlaff.
Unnütz acht Monde des verwirrten Sinns,
wenn die dreifache Umfassung besagt:
Einsamkeit und Elend und Bitternis.
Doch eine Spur läuft aus der Nacht ohn’ Ende,
Fährten von bösartiger Wohlgestalt:
der Mond jenseits von Gott, eisig und fremd.
Übertragung beider Gedichte aus dem Portugiesischen: Cornelius van Alsum.
Alle Rechte an der Übertragung vorbehalten.
Aus Gomes Leals Wilden Thesen
Aus Gomes Leals Fim de um Mundo
Aus Gomes Leals Claridades do Sul